Politik und Internet

Geschrieben am 05 Februar, 2009, unter

Als 1848 der Moderne Bundesstaat gegründet wurde, war der Informationsfluss wohl eher ein Bächlein als ein Strom wie heute. Die Kommunikationsmöglichkeiten beschränkten sich auf direktes Gespräch, Weitererzählen, Briefe und Zeitungen.

Die Informationspolitik der damals neuen eidgenössischen Regierung war wohl nur schon aus technischer Sicht äusserst schwierig. Aber auch für das Volk war der Informationsaustausch und somit die politische Meinungsbildung und Organisation über die Dorfgrenze hinaus mit einem grossen Aufwand verbunden.
Heute ist das alles mächtig anders: Dank Mobile, SMS und Internet ist der Engpass in der Kommunikation nicht mehr die Technik sondern der Mensch bzw. dessen Aufnahmefähigkeit.

Die Folge: Anstelle von sorgfältigem analysieren, sortieren und archivieren der Informationen filtern wir diese gnadenlos im Sekundentakt aus. Das wurde natürlich auch 1848 gemacht - aber nicht so exzessiv.

Facebook ist für das heutige Filtern ein gutes Beispiel: Als Durchschnittsuser bekommt man pro Tag min. drei Anfragen für irgendeine Gruppe, eine App, einen Event etc. Die wenigsten nehmen sich die Zeit, das Zeugs genau anzuschauen sondern folgen dem Sammler-Instinkt und klicken auf "Akzeptieren" (auf was das System natürlich auch ausgelegt ist )

Diese "neue" bzw. typische Web-Community Kultur, die natürlich mit dem durchschnittlich eher tiefen Wert der Informationen zusammenhängt, scheint von einigen Medienschaffenden und Politiker noch nicht ganz als solche erkannt zu werden.
Vielmehr scheint es, als glauben diese Leute, dass der Beitritt zu einer "digitalen" Gruppe gleich bedeutend wie der Beitritt zu einem Sportverein inkl. 2x Training pro Woche oder in eine Partei mit freiwilliger Übernahme des Aktuar-Amtes ist.

Diese falsche Einschätzung bzw. Verwechslung zweier völlig unterschiedlicher Umgebungen beweist die äusserst umfassende Berichterstattung renommierter Zeitungen und sogar des staatlichen Fernsehens über eine Facebook Gruppe mit dem Titel "Ester Maurer muss weg" mit 5'000 "Mitglieder".

Die Angst, dass diese "Mobilmachung" zu einer Unterwanderung der SP führen könnte, ist meines Erachtens völlig fehl am Platz. Ich wage zu behaupten, dass nur etwa 10% der Gruppen-Mitglieder tatsächlich wissen wer Maurer überhaupt ist und welches Departement sie hat.

Aber auch wenn diese Abwahl tatsächlich passieren sollte, ist die Angst vor sich im Internet organisierenden Massenbewegungen absurd. Denn wäre es dank den Communities tatsächlich so einfach hunderte Menschen für etwas zu bewegen, dann wäre das für die Gegner ja ebenfalls möglich - sprich die demokratische Partizipation der ganze Bevölkerung würde einfach als Gesamtes ansteigen. Dies wäre natürlich zu begrüssen.

Ja es wäre spannend in Erfahrung zu bringen, ob die Telefontechnologie um die Jahrhundertwende auch solche "Organisations-Ängste" hervorriefen und die Politiker befürchteten, dass die Wallisier sich mit den Bündner telefonisch absprechen und den Strum auf Zürich vorbereiten.

Sicher ist: Mehr Information und einfachere Kommunikation ist für den politischen Prozess von grundlegender Bedeutung.
Hoch lebe das Internet :)